Projekte

Der R2N-Verbund besteht aus einem Zusammenschluss von 15 Arbeitsgruppen aus 5 Einrichtungen der Forschungslandschaft Niedersachsen, die in der biomedizinischen Wissenschaft und ethisch-medizinischen Begleitforschung führend sind.
15

Arbeitsgruppen

5

Einrichtungen

Entdecken Sie hier, welchen herausfordernden Themen und Fragestellungen sich die Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), des TWINCORE Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH, der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität und der Universitätsmedizin Göttingen stellen.

A – Alternativmethoden in der Grundlagenforschung

A1 – Prof. Bleich/Prof. Dr. Stiesch – MHH, Institut für Versuchstierkunde/MHH, Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomedizinische Werkstoffkunde
Entwicklung eines komplexen 3D-Gewebe-Biofilm-Modells für die Analyse oraler und intestinaler Infektionen
Um die Notwendigkeit von Tierversuchen für die Erforschung von Infektionserkrankungen zukünftig zu reduzieren, ist die Entwicklung alternativer experimenteller Modelle notwendig, die die klinische Situation realitätsnah abbilden und somit die Erforschung klinisch relevanter Erkrankungen ermöglichen. Für die Untersuchung oraler und intestinaler Infektionen, die zu den häufigsten Infektionen weltweit gehören, stehen bisher keine entsprechenden Mikrobiom- bzw. Biofilm-Gewebe-Modelle zur Verfügung.

Im Rahmen dieses interdisziplinären Projektes soll erstmals ein 3D-Multispeziesbiofilm-Gewebe-Modell entwickelt werden, um die native orale und intestinale Mukosa zu imitieren und die klinische Situation simulieren zu können. Hierfür werden Gewebemodelle mit bakteriellen Biofilmen und medizinischen Materialien koinkubiert und die komplexen Interaktionen zwischen den humanen Geweben, Biofilmen und medizinischen Oberflächen physikalisch, molekularbiologisch und histologisch evaluiert. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen wesentliche Hinweise für die Therapie oraler und intestinaler Erkrankungen sowie für die Entwicklung medizinischer Biomaterialien zur Prävention oraler Infektionen gewonnen werden. Mit dem hier dargestellten Ansatz wird es zukünftig möglich sein, die Notwendigkeit von Tierexperimenten für die Erforschung oraler und intestinaler Infektionen drastisch zu reduzieren.

A2 – Prof. Breves/Prof. Seeger – TiHo, Physiologisches Institut und Zellbiologie/TiHo, Institut für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik
Entwicklung eines in vitro-Modells zur Erforschung der Pathogenese-Mechanismen von Zoonoseerreger-induzierten Darmerkrankungen
Der Darm spielt für viele vom Tier auf den Menschen übertragbare Erkrankungen (sog. Zoonosen) eine entscheidende Rolle. Sowohl in der Etablierung einer Infektion, als auch für die Ausscheidung von Pathogenen und der damit potentiell verbundenen Ausbreitung einer Infektion.

Während verschiedene auf Zellkulturen basierende In-vitro-Systeme für die Erforschung von Krankheitsmechanismen bei Mäusen, Ratten und dem Menschen zur Verfügung stehen, ist für die Untersuchung solcher Vorgänge bei Nutztieren (z. B. bei Schweinen, Rindern oder Geflügel) immer noch die Verwendung von direkt aus dem Tier entnommenen Primärzell- oder Organkulturen oder sogar der Einsatz von Tieren notwendig. Aus diesem Grund sind neue Ansätze zur Entwicklung von In-vitro-Modellen zur Erforschung zugrundeliegender molekularer Mechanismen von Infektionen bei Nutztieren von großem Interesse, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Nutztiere häufig Träger bzw. Überträger zoonotischer Krankheitserreger sind. Der Zweck des vorliegenden Projektes besteht daher darin, ein Modell des Darms zu entwickeln, indem erstmalig die sog. „Colon-Simulations-Technik“ (Cositec) mit der „Ussing-Kammer-Technologie“ verknüpft wird. Dabei wird intakte Darmschleimhaut von Nutztieren in Ussing-Kammern eingespannt und zeitgleich mit dem Inhalt des Cositec-Systems inkubiert, so dass eine Konfrontation des Darmepithels mit dem physiologischen Darminhalt erfolgen kann. Die Kombination dieser beiden gut etablierten Methoden ermöglicht es so, ein In-vitro-Modell zu entwerfen, dessen Bedingungen weitestgehend mit den In-vivo-Verhältnissen übereinstimmen.

In einem ersten Schritt werden die Vitalität und Funktionalität des Darmepithels in diesem System anhand von morphologischen, biochemischen und funktionellen Analysen überprüft (z. B. mittels Histologie, PCR oder Nährstoffaufnahme). Von großer Bedeutung ist dabei, dass das für alle Analysen verwendete Darmgewebe nicht von Versuchstieren stammt, sondern stets auf konventionellen Schlachthöfen gewonnen wird. So kann auf den Einsatz von Versuchstieren vollständig verzichtet werden. Im darauffolgendem Schritt soll eine Inkubation des Darmepithels mit Zoonoeserregern (z. B. enterotoxische und enteropathogene E. coli) erfolgen, um Infektionsmechanismen dieser Pathogene und deren Auswirkungen auf den Darm genauer untersuchen zu können.

Sollte dieses neue System funktionieren, würde es, abgesehen von der Erforschung von Infektionserkrankungen, eine Vielzahl von weiteren Nutzungsmöglichkeiten bieten. Dazu gehören beispielsweise physiologische, toxikologische oder auch pharmakologische Fragestellungen. Weiterhin könnten in diesem Modell auch Zellkulturen des Darmes eingesetzt werden, was die Verwendung von tierischem Material größtenteils überflüssig machen würde. Insgesamt würde eine erfolgreiche Etablierung dieses Systems eine deutliche Abnahme der Versuchstierzahlen zur Folge haben.

A3 – PD Dr. Lochner – Twincore, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH Mukosale Infektionsimmunologie
Vermeidung der Generierung gentechnisch veränderter Mäuse in der immunologischen Forschung - Der Einfluss des Fettsäurestoffwechsels auf die Funktion von Immunzellen
Wir untersuchen, wie der Fettsäuremetabolismus (FS-Metabolismus) die Funktion einzelner lymphoider Immunzellpopulationen beeinflusst. Die erwarteten Erkenntnisse sind von hoher translationaler Bedeutung, da durch die Veränderung des FS-Metabolismus die Entzündungsfördernde Funktion spezifischer Immunzellen z.B. in Autoimmunprozessen und Infektionen blockiert wird und somit chronische Entzündungen verhindert werden können. Durch die Etablierung neuester Methoden der Genmanipulation können wir eine drastische Reduzierung der Tierzahlen in der Zucht transgener Linien erreichen. Die CRISPR/Cas9-Technologie erlaubt es, Genfunktionen in vitro zu evaluieren und somit auf die Generierung transgener Linien zu verzichten.

Ihre universelle Anwendung, Effizienz, Einfachheit der Durchführung sowie die geringen Kosten machen CRSIPR/Cas9 gegenüber klassischen Verfahren der Genmanipulation überlegen. Mithilfe dieser Technologie sollen am FS-Metabolismus beteiligte Gene deletiert und die Auswirkungen des Genverlustes auf die Zellfunktion analysiert werden. Der Einsatz dieser Technologie wird es uns hierbei ermöglichen, eine Vielzahl identifizierter Kandidatengene zunächst in vitro durch Manipulation der Zellen zu analysieren und daher auf die herkömmliche Generierung neuer transgener Mauslinien zu verzichten.

Ein großer Vorteil ist die Erzeugung mehrfach gen-defizienter (k/o) Immunzellen, insbesondere bei möglicherweise redundanten Funktionen im FS-Metabolismus. Der hier verfolgte Ansatz ist wesentlich zeit- und kostensparender verglichen mit der konventionellen Erzeugung transgener Linien. Letztere ist jedoch nicht vollständig auszuschließen, da wir für einzelne, mittels CRISPR/Cas k/o-Technologie identifizierte Gene signifikante Effekte erwarten, die zur Überprüfung der klinischen Relevanz in Autoimmunität und Infektion eine weiterführende Untersuchung in vivo unabdingbar machen werden.

A5 – Prof. Dr. Wienands/Dr. Engels – Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Zelluläre & Molekulare Immunologie
Reduzierung der Generierung gentechnisch veränderter Mäuse in der immunologischen Forschung – Der Einfluss des humanen B-Zell-Antigenrezeptors des Isotyps IgE auf Typ I Allergien
Allergien stellen in den westlichen Industrienationen ein zunehmendes Gesundheitsproblem dar. Der überwiegende Allergietyp I wird durch die unnötige Produktion von Antikörpern des Isotyps Immunglobulin E (IgE) gegen harmlose Antigene (Allergene) ausgelöst. Diese immunologisch sinnlose IgE-Produktion kann bis dato therapeutisch nicht wirksam unterbunden werden.

Die Vorläufer IgE-produzierender Plasmazellen exprimieren membranständiges IgE (mIgE) als Teil des B-Zell-Antigenrezeptors (BCR) auf ihrer Zelloberfläche. Dieser mIgE-BCR stellt eine attraktive Zielstruktur für eine therapeutische Intervention dar. Studien mit gentechnisch veränderten Mäusen zeigten, dass das Fehlen der zytoplasmatischen Domäne von mIgE die Produktion von löslichen IgE-Antikörpern unterbindet. In unserem Labor konnte kürzlich ein Signal-gebendes Motiv in der zytoplasmatischen Domäne von mIgE identifiziert werden, das für die Signalübertragung des mIgE-BCR entscheidend ist. Die Blockierung dieses Signalmotivs könnte die Differenzierung von mIgE-exprimierenden B-Zellen in IgE-freisetzende Plasmazellen unterdrücken. Um diese Hypothese zu überprüfen, sollen in dem beantragten Projekt mIgE-spezifische Signalmechanismen analysiert werden. Statt der bisher verwendeten Mausmodelle sollen in diesem Projekt auf humanen Zellen basierte Modelle etabliert werden. Diese Modelle haben den Vorteil, dass direkt mit den Immunzellen der Zielgruppe gearbeitet werden kann und somit die Limitierungen der Speziesunterschiede wegfallen und entsprechend Versuchstiere eingespart werden.

Des Weiteren sollen im Rahmen des Projektes neuartige Methoden der Genom-Editierung an humanen Lymphozyten etabliert und optimiert werden. Von dieser technologischen Weiterentwicklung werden mittel- und langfristig auch andere Arbeitsgruppen im Feld der immunologischen Grundlagenforschung sowie der translationalen Forschung profitieren. Insgesamt werden die Etablierung dieser Techniken, sowie die Generierung von neuen humanen zellulären Modellsystemen dazu beitragen den Einsatz von Versuchstieren in der immunologischen Forschung in zukünftigen Forschungsvorhaben erheblich zu reduzieren.

B – Alternativmethoden in der regulatorischen Forschung und Sicherheitsbewertung

B2 – Prof. Dr. Cantz – MHH, Exzellenzcluster REBIRTH, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie
Funktionelle Leberzellen aus induzierten pluripotenten Stammzellen als Alternative zu tierexperimentellen Arbeiten in der Toxikologie
Neue Entwicklungen in der gezielten und präzisen Genom-Editierung (TALEN- und CRISPR / Cas9-Technologie) können bei pluripotenten Stammzellen, wie zum Beispiel humanen iPS-Zellen, sehr effizient angewendet werden.

Im Rahmen dieses Projekts, sollen humane iPS-Zellen, die definierte Mutationen der wichtigsten Arzneimittel metabolisierenden Enzyme enthalten generiert, und mit unseren etablierten Protokollen zu funktionellen Leberzellen differenziert werden. Wir stellen die Hypothese auf, dass solche Modelle eine zuverlässige Vorhersage der hepatischen Toxizität neuer Substanzen ermöglichen und als "Worst-Case-Szenario-Zelllinien" angewendet werden können, um das hepatoxische Potential neuer Verbindungen zu bewerten.

Während des Projekts werden vier iPSC-Linien mit definierten Mutationen im Phase-I- und Phase-II-Metabolismus mithilfe der CRISPR/Cas9-Technologie generiert: Drei iPS-Zellen tragen Mutationen der Cytochrom-P450-Oxidasen (CYP2D6, CYP2C19 und CYP2C9) und eine Linie Mutationen der UDP-Glucuronosyltransferase (UGT1A1*28). Für alle iPS-Zelllinien wird eine optimierte hepatische Differenzierung von isolierten Zellen etabliert, die ein Hochdurchsatzscreening in geeigneten Mikrotiterplatten (48-well, 96-well, 384-well) ermöglicht.

B4 – Dr. Hilfiker – MHH, Klinik für Herz, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, Leibniz Forschungslaboratorien für Biotechnologie und künstliche Organe, (LEBAO)
In vitro Testung zur Immunogenität von xenogenen (artfremden) Herzklappenmatrices
Weltweit müssen mehrere hunderttausend Herzklappen pro Jahr ersetzt werden. Diese Zahl steigt stetig, und wird sich in den kommenden 30 Jahren mehr als verdoppeln. Konventionelle Herzklappenprothesen, haben allesamt klinische Limitationen sei es eine lebenslange Antikoagulationsbehandlung aufgrund materialbezogener Thrombogenität oder andererseits eine nur beschränkte Haltbarkeit, da Reparatur- und Remodelingkapazitäten sowie auch ein adaptives somatisches Wachstum mit dem Empfängerorganismus fehlen.

Prothesen basierend auf allogenen dezellularisierten Herzklappenmatrices zeigen diese Limitationen nicht wie im Laufe der vergangenen 16 Jahre gezeigt werden konnte. Durch die Implantation azellulärer humaner Spenderklappen erhält der Empfänger eine nicht-antigene, der nativen Klappenstruktur vollständig entsprechende, biokompatible Matrix-Leitstruktur, welche in vivo konsekutive durch empfängereigene Zellen rebesiedelt und im Verlauf progredient autologisiert wird, wodurch die entstehende Neoklappe vollständige Kapazitäten für physiologische Reparatur-, Remodelling- und somit auch Wachstumsmechanismen gewinnt. Leider besteht ein erheblicher Mangel an Gewebespendern was nur einen eingeschränkten Einsatz dieses regenerativen Therapieverfahrens erlaubt.

Schweineherzklappen werden aufgrund ihrer uneingeschränkten Verfügbarkeit, sowie ihres nahezu identischen anatomisch-morphologischen Aufbaus als möglicher Ersatz für die fehlenden humanen Klappen angesehen. Alle bisherigen Versuche für eine klinische Etablierung von dezellularisierten Herzklappenmatrices scheiterten jedoch an einer erheblichen residualen Antigenität, welche stets Abstoßungs- und somit degenerative Prozesse zur Konsequenz hatte und deshalb zu einem vorzeitigen Versagen der jeweiligen Implantate führte. Neben unvollständigen Dezellularisierungen werden auch inhärente xenoantigene Glykosylierungsmuster, welche sich auch nach einer Dezellularisierung auf den strukturbildenden Matrixproteinen befinden, verantwortlich gemacht.

In diesem Projekt soll mittels bereits aservierten Seren von Schafen, die eine dezellularisierte porzine Herzklappe erhalten hatten potenziell immunogene Glykosierierungsmuster identifiziert und alternativ dezellularisierte und enzymatisch behandelte porcine Herzklappenmatrizes in vitro auf residuale Xenoantigenität getestet werden.

B5 – Prof. Dr. Martin/Dr. Olmer – MHH, Klinik für Herz, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, Leibniz Forschungslaboratorien für Biotechnologie und künstliche Organe, (LEBAO)
Generierung funktioneller Atemwegsepithelzellen aus humanen induzierten pluripotenten Stammzellen als Zellquelle für toxikologische Testsysteme
Bisher ist die fehlende Verfügbarkeit geeigneter und ausreichend expandierbarer humaner Primärzellen eine der Hauptlimitationen für die Entwicklung von in vitro Tests, um Tierversuche reduzieren oder ersetzen zu können. Toxizitätsassays, Tests zur Aufklärung von Krankheitsmechanismen und im Bereich des Wirkstoffscreenings oder in der Sicherheitspharmakologie werden daher bisher noch meist mit Tumorzellinien durchgeführt. Seit einigen Jahren sind so genannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs) verfügbar, welche sich durch Reprogrammierung von Zellen individueller Patienten herstellen lassen.

iPSCs sind prinzipiell unbegrenzt vermehrbar und haben das Potential in alle Zelltypen unseres Körpers zu differenzieren, Darüber hinaus lassen sich Transgene als Werkzeuge einführen, mit deren Hilfe sich definierte Zelltypen aufreinigen lassen oder durch die sich z:B in vitro Toxizitätsassays automatisieren lassen. Die gezielte und effiziente Herstellung bestimmter Zelltypen, z.B. Lungenepithelzellen, ist in der Praxis allerdings immer noch schwierig zu realisieren.

Ziel dieses Teilprojektes ist die Entwicklung von Technologien, zur Bereitstellung ausreichender Mengen von aus humanen (h)iPSCs abgeleiteten Atemwegszellen für den Einsatz in in vitro Toxizitätstests. Mittels zelltypspezifischer hiPSC Reporterlinien sollen effiziente, robuste und letztlich skalierbare Protokolle zur Herstellung von verschiedenen respiratorischen Zelltypen aus hiPSCs entwickelt werden, welche in die Entwicklung neuartiger in vitro Assays mit deutlich verbesserter Datenqualität und Hochdurchsatzfähigkeit erlauben sollen.

B6 – Prof. Dr. Schambach, PhD/Dr. Rothe – MHH, Institut für Experimentelle Hämatologie
Neue Analyseverfahren zur Sicherheitsbewertung in der Gentherapie
Die permanente Übertragung therapeutischer Gene mittels retroviraler Vektoren stellt eine zukunftsweisende Technologie zur Behandlung einer Vielzahl erblicher Erkrankungen und verschiedener Tumorleiden dar. Klinische Studien, welche gentherapeutisch modifizierte hämatopoetische Stammzellen zur Heilung schwerer kombinierter Immundefekte einsetzen (X-SCID, ADA-SCID, Wiskott-Aldrich, etc.) oder aber chimäre Antigenrezeptoren zur T-Zell-vermittelten Tumortherapie nutzen, stellen erfolgreiche Anwendungen dieses neuartigen Therapiekonzepts dar.

Um Viren als Genfähren zu verwenden, werden die sogenannten Vektoren stark verändert, sodass sie zwar noch eine proteinkodierende Sequenz übertragen können, selbst jedoch nicht mehr zur Replikation fähig sind. Um die Expression eines gewünschten Transgens zu ermöglichen, ist es notwendig, einen Promoter einzubringen, der im Idealfall ausschließlich das transferierte Gen antreibt. In der Vergangenheit wurden virale Promotoren verwendet, die zwar zu einer starken Expression der gewünschten Zielsequenz führten, jedoch auch das Risiko der Fehlregulation von benachbarten Genen beinhalteten. Das Phänomen der Fehlregulation benachbarter Gene durch Vektorintegrationen wird als Insertionsmutagenese (IM) bezeichnet. Die unbeabsichtigte Aktivierung von Protoonkogenen nahe der Integrationsstelle des Vektors hat in den ansonsten erfolgreichen klinischen Studien in manchen Fällen zu unkontrolliertem Wachstum hämatopoetischer Stamm- und Progenitorzellen (HSPC) und schließlich zu Leukämien geführt. Das Risiko der IM konnte in aufwändigen Mausexperimenten überprüft werden, weshalb diese nun Teil der regulatorisch geforderten präklinischen Versuche zur Zulassung neuer gentherapeutischer Vektoren sind.

Bei Wildtypmäusen ist die Inzidenz des Tumorendpunktes nach retroviraler, insertioneller Aktivierung von Protoonkogenen jedoch so gering, dass eine sehr hohe Zahl an Versuchstieren erforderlich ist. Bislang existiert kein prädiktiver in vitro Test, der das IM-Risikopotential alleine einschätzbar macht. Alle regulatorischen Behörden verlangen bezüglich der Sicherheitseinschätzung bislang umfangreiche Mausstudien, obgleich Sie sich der limitierten Aussagekraft für den Patienten bewusst sind.

Der In Vitro Immortalisierungs-Assay (IVIM), der vor über 10 Jahren an der MHH entwickelt wurde, hat sich als anerkannter Zellkulturversuch im Feld etabliert. Obwohl der IVIM genutzt wird, um das Biosicherheitsprofil eines Vektors einzuschätzen, kann er Mausversuche bislang noch nicht vollständig ersetzen. Dies liegt zum einen an der Schwierigkeit, die Behörden davon zu überzeugen, von wenig aussagekräftigen Tierversuchen Abstand zu nehmen, zum anderen auch an den aktuellen Limitationen des IVIM Assays selbst.

In diesem Projekt wollen wir eine neue Tierversuchsersatzmethode, den Surrogate Assay for Genotoxicity Analysis (SAGA) erproben und validieren, welche wir kürzlich als optimierten Nachfolger des IVIM Assays entwickelt haben. Durch die Entwicklung eines neuen Assays zur Biosicherheitsbetrachtung von Gentherapievektoren erwarten wir einen aussagekräftigeren Readout zum möglichen Risiko der Insertionsmutagenese und vor allem auch eine deutliche Reduktion der bislang notwendigen Tierversuche.

T – Die Gewebs- und Zellbank Niedersachsen

T1 – Prof. Dr. Baumgärtner – TiHo, Institut für Pathologie
The Niedersachsen Live-Tissue and primary cell Bio-Bank (NLTB)
Im Laufe der letzten Jahre hat der technologische Fortschritt in der Grundlagenforschung wesentlich zur Etablierung erfolgreicher Alternativmethoden zu Tierversuchen beigetragen. Solche Ansätze müssen jedoch sorgfältig hinsichtlich ihrer standardisierbaren und reproduzierbaren Verwendung validiert werden.

Das Ziel der Niedersächsischen Live-Tissue and primary cell Bio-Bank (NLTB) ist es, Protokolle und Ansätze für den Ersatz und die Reduktion von Tierversuchen zu etablieren und zu validieren, um die Verfügbarkeit und Diversität von lebenden Geweben und Zelllinien für die Erforschung von Atemwegsinfektionen und chronischen Atemwegserkrankungen von Mensch und Tier auszubauen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden ex vivo- und in vitro-Systeme des Respirationstrakts aufgrund verfügbarer und veröffentlichter Protokolle von verschiedenen Spezies hinsichtlich ihres Verhaltens charakterisiert, ihre Eignung bezüglich des Einsatzes nach Kryokonservierung evaluiert und der Einsatz in verschiedenen Infektionsmodellen untersucht. Zudem bildet die Entwicklung und Validierung neuer Protokolle für die Erzeugung und Konservierung von Zellen und Geweben bei Spezies für die bisher keine entsprechenden Protokolle existieren einen weiteren Schwerpunkt des Vorhabens. Die hierzu benötigten Gewebe werden von Tieren von Schlachthöfen gesammelt, stammen von Versuchstieren, die in bereits geplanten und laufenden unabhängigen Studien verwendet werden, sowie von verstorbenen Tieren, die zur Sektion in das Institut für Pathologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover gelangen. In der Gewebekultur sollen aus diesen Proben primäre Zellkulturen, Air-liquid-interface (ALI) Kulturen, tracheale Organkulturen (TOC) sowie Lungenpräzisionsschnitte (PCLS) erstellt werden. Weiterhin wird die Möglichkeit der Immortalisierung und Kryokonservierung der ex vivo- und in vitro-Systeme sowie Infektionen mit unterschiedlichen Pathogenen getestet werden.

Die Verwendung von ex vivo- und in vitro-Systemen, wie primäre und / oder immortalisierte Zellkulturen und Zelllinien, Organkulturen und Gewebekokulturen, wird zu einer Verringerung der Anzahl von Versuchstieren bei der Untersuchung der Pathogenese von Krankheiten, Wirkstoffscreening und der Qualitätssicherung in Testverfahren führen. Die Verwendung der Kulturen bietet den zusätzlichen Vorteil einer hohen statistischen Sicherheit und einer sehr guten Reproduzierbarkeit. Die Diversität primärer und / oder immortalisierter Zellkulturen und Zelllinien bei verschiedenen Organsystemen und Tierarten erfordert eine wissenschaftlich fundierte Validierung der zu verwendenden Systeme. Daher müssen bestehende ex vivo- und in vitro-Systeme verglichen werden, um die geeignetsten Protokolle und Ansätze für definierte Forschungsansätze herauszuarbeiten.

Die NLTB wird auf einer koordinierten und effizienten Logistik für die Erzeugung und / oder Konservierung von lebenden Geweben und Zellkulturen aufbauen und soll die Herstellung und Verwendung von ex vivo- und in vitro-Systemen im Rahmen des Hannoveraner Forschungsnetzwerks ermöglichen.

T2 – Prof. Dr. Osterhaus – TiHo, Research Center for Emerging Infections and Zoonoses (RIZ)
In vitro and ex vivo characterization of newly discovered and emerging respiratory viruses of humans and animals (R2Viral)
Ziel des R2Viral Projektes ist es alternative Methoden, die eine Reduktion oder einen Ersatz von Tiermodell-basierten Systemen ermöglichen, auf ihre Anwendbarkeit in der viralen Forschung zu testen. So sollen diese Methoden einerseits in der Pathogeneseforschung neuer und bekannter Viren, als auch in der Prüfung präventiver und therapeutischer Maßnahmen, eingesetzt werden.

Um solche Methoden erfolgreich in den Forschungsalltag zu integrieren, ist eine evidenzbasierte Evaluation und Validierung der alternativen Konzepte erforderlich.

Insbesondere bei der Untersuchung viraler Atemwegsinfektionen wird eine erhebliche Anzahl an Versuchstieren verwendet: Experimente mit geeigneten Modelltieren gelten auch heute als Goldstandard für Viruspathogenitäts- und Interventionsstudien, da quantitative Parameter des Krankheitsverlaufes durch die Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Virus und Wirt bestimmt werden.

Die Entwicklung von in vitro und ex vivo-Parametern als Alternative zu in vivo Experimenten ist für die Reduktion der in der Infektionsforschung verwendeten Tiere vielversprechend.

Zu diesem Zweck wird das R2Viral-Projekt unter anderem Technologien anwenden, die im Rahmen der NLTB-Plattform (Niedersachsen Live-Tissue and primary cell Bio-Bank) entwickelt wurden.

Durch die Forschung an viralen Atemwegsinfektionen, sowie der Untersuchung von Strategien der Wirksamkeit und Sicherheit der Vorbeugung und Therapie deren Erkrankungen, erschließt sich ein weites Feld, in dem diese Ansätze Anwendung finden werden.

Die gewonnenen Erkenntnisse werden über die R2N-Plattform an Partneruniversitäten und Einrichtungen weitergegeben und können so zu einem weiterverbreiteten Einsatz neuer Systeme, die die Nutzung von Tiermodellen reduzieren können, beitragen.

T3 – Prof. Dr. von Köckritz-Blickwede – TiHo, Research Center for Emerging Infections and Zoonoses (RIZ)/ Institut für Physiologische Chemie
In vitro and ex vivo characterization of bacterial infections of humans and animals (R2Microbial)
Das weltweit gehäufte Auftreten von resistenten Bakterien limitiert die Effizienz von Antibiotika-basierten Behandlungskonzepten. Deshalb werden neue vielversprechende Therapieansätze benötigt wie beispielsweise die Stärkung der wirtseigenen Abwehr durch Stimulierung des Immunsystems. Da die komplexen Wirt-Pathogen-Interaktionen nach wie vor nur unzureichend verstanden sind ist ein detailliertes Wissen erforderlich um therapeutische Strategien, die auf der angeborenen Immunabwehr basieren, anzuwenden.

Tierversuchsfreie in vitro-Modellsysteme sowohl für Infektions- und Interaktionsstudien als auch für Drug-screenings sind aber nur dann eine echte Alternative, wenn sich die erhaltenen Ergebnisse verlässlich auf die in vivo Situation übertragen lassen. Aufgrund mangelnder Komplexität, eines falschen Zelldifferenzierungsstatus und fehlender physiologischer Bedingungen simulieren in vitro-Systeme allerdings nicht ausreichend präzise die in vivo-Situation während einer Infektion oder Entzündungsreaktion.

Im Rahmen des Projektes soll die angeborenen Immunantwort mit Fokus auf Lungenepithelzellen gegen respiratorische Bakterien wie den humanpathogenen Erreger Staphylococcus aureus oder den Zoonoseerreger Streptococcus suis in vitro und ex vivo charakterisiert werden. Die Komplexität des Infektionsmodells wird durch physiologisch relevante Sauerstoffbedingungen (definierte hypoxische Bedingungen; < 10 % O2 mittels einer Hypoxia glove box) und durch 3D-Co-Kultivierung von humanen und porcinen pulmonalen Epithelzellen und Neutrophilen erheblich erhöht.

Diese Studie wird dazu beitragen, falsch negative Ergebnisse beim Screenen von potentiellen protektiven Immunmodulatoren oder Antibiotika, die sich in vitro als wirkungsvoll, in vivo aber als untauglich erweisen, zu minimieren. Eine erhöhte Komplexität des Modellsystems ermöglicht außerdem die Annäherung des in vitro-Systems an die in vivo Situation und wird nachhaltig helfen die Versuchstieranzahl zu reduzieren.

E – Ethical aspects - safety-relevant and regulatory considerations

E1 – Dr. Mertz/Dr. Kahrass – MHH, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin
Structure of ethically relevant value judgments regarding decision-making for or against replacement methods
The E1 project aims to investigate the structure of relevant value judgements in decisions for or against alternatives to animal testing. In detail, this means working out the normative and empirical elements of a decision. The analysis of the structure should enable a critical examination of the value judgements and their justifications/arguments (e.g. how plausible or how well informed are the empirical assumptions?) or at least identify where further research is necessary to check the plausibility of value judgements.

The focus here is on three levels of decision-making for a) recognition, b) acceptance and c) use of an alternative test. In particular, international stakeholders, regulatory agencies and individual researchers as decision-makers are relevant here. The consideration of value judgements on different levels should help to identify inconsistent and incongruent decision patterns. Within the framework of the E1 project, guiding questions are to be developed that can help decision-makers to (better) recognize and reflect value judgements.

The methodological approach consists of five steps. In a first step, both a theoretical model of a value judgement and a framework of (general) values are to be created. This should be done on the basis of interdisciplinary literature (especially philosophy/ethics and psychology). In a second step, literature will be identified and analyzed in a rapid review, from which (implicit) value judgements on decisions for/against animal testing alternatives can be worked out. Since it can be assumed that this literature will not reveal all relevant value judgements, the second step will additionally use exemplary tests to illustrate how and if decisions at different levels/ of different stakeholders (mentioned above) differ. At the end of this step there should be a qualitatively sufficiently differentiated and theoretically categorized spectrum of possible value judgements and their justifications.

In the third step, expert interviews with representatives of the different stakeholder groups and/or with the researchers of the selected alternative tests are planned (since it is to be expected that little written information will be available about their decisions). The interviews primarily serve to obtain further text material (see step 2) for the analysis and above all to ensure that the important value judgements in the project have been recognized. The fourth step comprises a normative-ethical evaluation of all identified value judgements and their justifications. This involves critically examining the values, the empirical assumptions and the relationship between the two. Finally, the fifth step involves the formulation of key questions to help decision-makers navigate through the decision-making process, perceiving value judgements (and the assumptions behind them) and taking them into account in an appropriate way.

E2 – Prof. Dr. Hoppe/Dr. des Lohse – Leibniz Universität Hannover, CELLS: Centre for Ethics and Law in the Life Sciences
From epistemic foundations to legal frameworks: mechanisms in the regulation of non-animal methods
Overview & Background

The development of alternatives to animal experimentation and animal testing (in short: “non-animal methods”) has – neither in basic nor in applied research – lead to an extensive replacement of animal experimentation. This subproject attempts to investigate legal, sociological and epistemological reasons for this situation in the context of the regulation of non-animal methods. Our aim is to make evidence-based recommendations for future regulation and implementation of non-animal methods that are highly relevant to the research groups in R2N.

Goals

Subproject E2 works on the following array of questions: 1) How does the (pre-)validation of non-animal methods work in practice? What are the main assessment criteria/methods? What epistemological and sociological issues become apparent in this context?

2) What kinds of regulatory mechanisms and problems exist at the interface of science and policy-making? In what way are these affected by legal, sociological and epistemological factors in connection with ethical value judgements (see subproject E1)?

3) To what extent is the current regulatory framework fit to govern the development and implementation of non-animal methods in a reasonable way? In what ways could the existing regulatory regime be improved?

Work Programme & Output

Subproject E2 aims at answering these questions (in cooperation with E1) using an interdisciplinary approach, combining methods from law and political science (i.e. policy analysis) with conceptual tools from philosophy of science and empirical social research (i.e. multisite ethnography). This is the expected output of E2:

1) A multifactorial understanding of the actual regulatory regime, including inhibiting factors for the acceptance and implementation of non-animal methods at different stages of development.

2) Recommendations for future development and regulation of non-animal methods (these will be communicated via a guidance paper and as part of a R2N workshop).

Support for R2N

Prof. Hoppe supports the other research groups by providing regulatory/legal advice. In addition, CELLS’ staff contribute to public relations activities of R2N.

Z – Systematic Reviews

Z – Prof. Bleich, PhD – MHH, Institut für Versuchstierkunde
Systematic Reviews
Systematic reviews is a parallel project which aims to support the other groups of the consortium with the analysis of complex data to help developing the 3Rs. Moreover, the performance of systematic literature reviews (SRs) is also predicted. By performing SRs, one is able to identify, appraise and synthesize research evidences in a systematic and transparent format avoiding bias and random errors. With these studies, it is possible to make certain decisions in order to take measures to further develop the 3Rs. The performance of systematic reviews is also an important step to perform meta-analysis (MA) of selected studies. MA is a tool to evaluate the efficacy of certain treatments/interventions of multiple studies and it can contribute in minimizing unnecessary reproduction of animal experiments.